In etlichen Sprichwörtern stimmt die Rechtschreibung oder Grammatik mit der laut Duden aktuellen nicht überein. Dazu schrieb schon Johann Michael Sailer 1810 auf Seite 64 seiner deutschen Sprichwörter:
„Das alte deutsche Sprichwort liebt das Negligé, die bequeme Haustracht, und lässt es den Gottscheden und Kollegen über, sein Verfahren mit der Grammatik auszusöhnen. So sind ihm z. B. der Artikel der, die, das, die Endsilbe e gar oft zu lang, das h zu weich: deshalb bleibt dies alles weg. Wie der Mann im Schlafrocke sich kein Gewissen daraus macht, dass seine Strümpfe nicht streng angezogen sind, so weiß das altdeutsche Sprichwort nichts um die Hofetikette der gebildeten Sprache. Die Zeitwörter sind dem Sprichworte oft gar zu lange: darum beschneidet es die Vorsilbe. Z, B. Werkstatt darf keines Palasts, statt: bedarf.
Ein Grund, warum das altdeutsche Sprichwort so wenig Fleiß auf die Vollendung des Gepräges verwendet, und sich darin so viele Versäumnis zuschulden kommen lässt, ist wohl auch der, dass es den Ursprung hat – mehr im Herzen, das den Sinn gibt, als im Kopfe, der ihn nach der Regel der Sprachlehre herauskleidet.“
In den alten Sammlungen wurde die Rechtschreibung der damaligen Zeit verwendet, die sich teilweise erheblich von der heute gültigen unterscheidet. Ebenso waren Druckfehler häufiger anzutreffen. Sie wurden manchmal schon am Ende eines Buches aufgelistet und berichtigt, was einfacher und billiger war, als das ganze Buch neu zu setzen und zu drucken. Leider wird diese heute unrichtige Rechtschreibung oft für die alten Sprichwörter und andere Texte in neuen Veröffentlichungen übernommen. In Neudrucken alter Bücher und Ausgaben sind alle Fehler wie in der ersten Ausgabe enthalten.
Zur Rechtschreibung und Orthografie steht im Vorwort des Buches „Der Dreißigjährige Krieg. Eine Sammlung von historischen Gedichten und Prosadarstellungen.“ 1862 in Halle herausgegeben von J. Opel und A. Cohn ein Abschnitt, dem ich mich nur anschließen kann:
Aus dem Vorwort Seite V bis VI:
„Für die Orthografie mussten wir namentlich berücksichtigen, dass unserer Ansicht gemäß gerade eine solche Sammlung nicht in die Bücherschränke der Gelehrten verschlossen bleiben, sondern auch in die Hände der deutschen Bürger gelangen sollte. Schon dieser Umstand musste uns veranlassen die heutige Schreibung und Interpunktion anzuwenden, außer wo bei einem und dem andern Worte besonders zwingende Gründe dagegen waren. Außerdem aber stützten wir uns auch hierbei auf den Ausspruch des ehrwürdigen Meisters deutscher Sprachforschung, Jacob Grimm, der sich in Haupt und Hoffmanns altdeutschen Blättern II, 138 geradezu mit den Worten: „Was liegt uns daran die Fahrlässigkeit und Unkunde eines Schreibers und Setzers jener Zeit festzuhalten?“ gegen die Beibehaltung der schlechten Schreibung des 17. Jahrhunderts erklärt. Die daran anknüpfende Mahnung Hoffmanns: (Weim. Jahrbuch IV, 224) „diese Bemerkung . . . sollte billig an der Spitze aller Einleitungen zu Neudrucken von Liedern seit etwa 1525 und der folgenden Zeit stehen“, war daher auch für uns maßgebend.“
Ein Beispiel für die alte, auch im 19. Jahrhundert falsche Schreibweise ist das Deutsche Sprichwörter Lexikon von Karl Friedrich Wilhelm Wander und derer, die von ihm abschrieben. Trotz besseren Wissens behielt Wander oft die alten falschen Schreibweisen bei, verbesserte sie manchmal verschieden im selben Sprichwort oder gab verschiedene Schreibweisen als unterschiedliche Sprichwörter aus. Auch wenn es bei aus dem Gebrauch gekommenen Sprichwörtern nachvollziehbar wäre, werden Sprichwörter nicht in der alten geschriebenen Form, sondern immer in der zeitlich aktuellen Sprache zitiert und sollten zum allgemeinen Verständnis ebenso heute geschrieben werden.
Beispiele:
In den mehrere Hundert Jahre alten Sammlungen stand oft lüg für Lüge, darff für bedarf, Leut für Leute und warheyt für Wahrheit: 1873 im Deutsche Sprichwörter Lexikon Band 3, Spalte 253, Lüge Nr. 19: „Die lüg darff gelerter, die warheyt einfeltiger leut.“ richtig wäre: „Die Lüge bedarf gelehrter, die Wahrheit einfältiger Leute.“
Beispiele anderer Worte: babst für Papst, fahet für fängt und fangen, Lieb für Liebe, liebstu für liebst du, kompt für kommt, lest für lässt, jhm und jhn für ihm und ihn, ein v für die Buchstaben u oder ü. Ebenso bleibt bei Wander das angehängte u, wenn ein du folgen soll: bistu, hastu, kompstu, solltu, wiltu, wirstu für bist du, hast du, kommst du, sollst du, willst du, wirst du und andere. Das Wort Maus, alt oft Mauß geschrieben verbesserte Wander über 70 Mal zu Mauss, obwohl über 500 Mal auch das richtige Wort Maus im Sprichwörter Lexikon steht. Das alte Wort Fraw behielt Wander über 300 Mal, auch unter dem Stichwort Frau mit über 800 Einträgen. Über 800 Mal findet man das Wort Gelt im Deutschen Sprichwörter Lexikon, auch bei den 1580 Einträgen unter dem Stichwort Geld.
Ein paar Beispiele von vielen, die hier mit wenigen Ausnahmen, die dem jeweiligen Sprichwort geschuldet sind, in der heutigen Rechtschreibung stehen, was in den bisherigen Sammlungen nicht der Fall ist. Trotzdem ist auch diese Sammlung nicht perfekt. Ausnahmen sind die Fälle mit Reimen, alten Wörtern, Kunstwörtern oder für bestimmte Sprichwörter typischen Ausdrücken. Auch die Grammatik wurde nicht verändert, die in Sprichwörtern vielfach nicht ganz den Regeln entspricht.
Da hier alles nach dem Alphabet sortiert ist, (auch Ä, Ö, Ü, ß sind gleichwertig unter die Buchstaben A, O, U und S einsortiert) sind Sprichwörter mit vergleichbaren Inhalten teilweise getrennt. So ist jedes nur einmal vorhanden, (Was auch Wander für sich forderte, aber nicht einhielt) manches müsste sonst unter verschiedenen Stichworten sortiert werden.
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